„Du darfst brennen“ Part 2

Mai 6

Du blinzelst gegen das Licht, das durch die zerschlagenen Fensterscheiben fällt.

Sein Griff ist nicht fest – das ist das Gemeine.

Er hält dich nicht, er lässt dich liegen.

Als würde er dich nicht zwingen müssen.

Als würde er wissen, dass du dich nicht rührst.

Und genau das bringt dich zum Explodieren.

„Du glaubst, du hast mich durchschaut?“

Deine Stimme ist heiser, brüchig – aber laut.

„Du glaubst, nur weil du mich hierher geschleppt hast, in diesen Dreck von Erinnerung, hast du irgendeinen Vorteil?“

Du stemmst dich hoch, stößt seine Hand weg – nicht stark, aber wild.

Die Kette an deiner Stimme klirrt wieder.

„Ich bin nicht mehr das kleine Mädchen von damals. Ich habe gelernt, zurückzuschlagen.“

Ein Moment.

Ein Echo.

Dein Atem zischt.

Doch er bewegt sich nicht.

Er sieht dich nur an – mit einer Ruhe, die nicht leer ist.

Sondern wie ein Spiegel.

„Du schlägst zurück, ja.

Aber nie dorthin, wo es zählt.“

Er geht langsam um den Tisch herum, jede Bewegung eine gezielte Einladung zur Unsicherheit.

„Du kämpfst wie jemand, der Angst hat, was passiert, wenn er wirklich trifft.“

Seine Stimme senkt sich.

Er steht jetzt hinter dir.

Du spürst seinen Atem wieder an deinem Hals.

„Deshalb bist du zurückgekommen.

Nicht, weil du stark bist.

Sondern weil du hoffst, dass jemand dich endlich zu Fall bringt, ohne dich zu zerbrechen.“

Du lachst.

Kurz. Knackig.

Aber dein Nacken ist angespannt, deine Finger zittern.

„Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Mein Retter? Mein Richter?“

Du wirbelst herum – versuchst, ihn zu schubsen.

Er lässt es zu.

Du drückst ihn gegen die Wand, doch es fühlt sich an, als würdest du auf Wasser schlagen.

„Du suchst Kontrolle wie eine Süchtige, die den Dealer beschimpft“, murmelt er.

Dann packt er dein Handgelenk – nicht grob.

Aber endgültig.

Ein Ruck.

Du bist wieder unten.

Diesmal nicht auf dem Tisch – sondern auf dem kalten Boden des Klassenzimmers.

Er kniet sich vor dich, hebt dein Kinn mit zwei Fingern.

„Also, spiel dein Spiel.

Beiß, kratz, schrei.

Aber wenn du Ruhe willst – wirkliche Ruhe – dann gib zu:

Du brauchst das.

Nicht den Schmerz. Nicht die Strafe.

Sondern jemanden, der dich sieht, wenn du fällst.

Und nicht wegschaut.“

Du beißt die Zähne zusammen.

Dein Blick flackert.

Und dann…

Ein leises, kaum hörbares:

„Ich hasse dich.“

Ein noch leiseres Lächeln.

„Ich weiß.“