Kapitel: Rot

Januar 19

Es war eine dieser Begegnungen, die sich von Anfang an surreal anfühlten – zu viele Treffer auf Zielscheiben, die es eigentlich nicht geben sollte. Wir hatten im Vorfeld vereinbart, jede Höflichkeit, jede Förmlichkeit beiseitezulegen, und so glich unsere Begrüßung einer Verabschiedung. Statt eines schüchternen ersten Kontakts war es ein Aufbrausen reiner Neugier.

Sie war größer als ich, und so musste ich mich für den ersten Kuss leicht zu ihr hochstrecken. Fest griff ich ihren Kopf, und unsere Lippen berührten sich, noch bevor das erste Wort gesprochen wurde. Ihre Lippen, betont mit einem leuchtend roten Lippenstift, zogen meinen Blick magisch an, und ich konnte ihn kaum von ihnen lösen.

Wir liefen ein paar Meter, und an der ersten Abzweigung gab ich ihr die Möglichkeit, umzudrehen – eine Wahl, dem Unausweichlichen zu entgehen. Doch auch bei ihr überwog die Neugier die Vernunft, und sie folgte mir ins Ungewisse.

Was dann folgte, war wie eine unsichtbare Checkliste, die wir beide abarbeiteten: sympathisch? Check. Wortgewandt und schlagfertig? Check. Der Vibe stimmt? Check. Doch mein Blick blieb weiterhin auf ihre feuerroten Lippen geheftet. Ich wollte sie wieder küssen.

Ihre Worte hallten an mir, ihre Wünsche, ihre Vorstellungen – ich hörte und verstand. Aber in diesem Moment wollte ich nur sie.

Der Witterung sei Dank mussten wir unser Kennenlernen in ein kleines, gemütliches Café verlegen. Da wir scheinbar keinen ungünstigeren Zeitpunkt hätten wählen können, fanden wir nur Platz an einem Tisch, der uns gegenüber positionierte. Das Spiel des Kennenlernens ging in die zweite Runde.

Sie trug wie ich eine Brille, doch für einen kurzen Moment legten wir beide sie ab. Einen Wimpernschlag vorher war es noch ihr Mund gewesen, der mich fesselte, doch nun waren es ihre Augen: dunkel, tief, wie ein Fass ohne Boden. Der Blick, der mich traf, war voller Sehnsucht.

Sie hatte mir bereits zuvor detailliert geschrieben, wonach sie suchte – nach roher Kraft, einer starken Hand, einem noch festeren Griff. Diese Begierde sprach auch ihr Blick aus.

Es dauerte nicht lange, bis wir uns in eine kleine, gemütliche Sitzecke zurückziehen konnten. Die räumliche Distanz schrumpfte auf ein Minimum. Ich wollte herausfinden, wie weit sie bereit war zu gehen, selbst in der Öffentlichkeit, und begann, langsam mit ihrer Fantasie zu spielen. Eine Hand auf ihrem Schenkel, die andere fand nicht zaghaft den festen Griff in ihrem vollen tiefdunkle Haar.

Abwechselnd zwischen Nähe und Distanz, zwischen Begierde und Geduld, gaben wir uns kurzen Augenblicken hin. Das Gespräch stockte immer wieder, denn ich unterbrach es, meiner Gier nach ihr nachgebend.

Mit dem Verstreichen des Nachmittags und dem Einzug der Dunkelheit wichen die neugierigen Blicke der anderen Gäste. Schließlich waren wir die Letzten, allein in dem Café. Nun konnten wir uns fast ungestört unseren Impulsen hingeben, unterbrochen nur von der Bedienung, die uns freundlich, aber bestimmt daran erinnerte, dass bald geschlossen würde.

Meine Hand wanderte in ihren Ausschnitt, traf auf warme, weiche Haut und fand ihre schon steif gewordenen Nippel. Ich drückte zuerst sanft, dann steigend fester zu, spürte, wie sie reagierte, und ein kurzes, unkontrolliertes Aufkeuchen entwich ihren Lippen. Ein hörbares, doch leises Geräusch der Lust, das sie nicht unterdrücken konnte.

In diesem Moment war es vorbei – ich hatte ein Bedürfnis in ihr geweckt und meinem nachgegeben.

Doch die Zeit war gegen uns. Das Café schloss, und auf einen solchen Aufprall der Begierden waren wir nicht vorbereitet.

Unsere Wege mussten sich trennen, aber nicht ohne das Wissen, dass diese Geschichte gerade erst begonnen hatte....