Die Ruhe vor der Brat

Juli 8

Es war das zweite Date.

Zwei Menschen auf einer Couch.

Ein bisschen zu viel Luft dazwischen,

ein bisschen zu wenig Ausweg.

Keine Berührung.

Keine Nacktheit.

Nicht mal ein scheuer Körperkontakt.

Und trotzdem fühlte sie sich komplett entblößt.

Es war dieser Blick.

Seiner.

Der nichts verlangte,

aber alles sah.

Sie konnte es zuerst nicht greifen.

Es war nicht aggressiv.

Nicht dominant im klassischen Sinn.

Es war nur – da.

So wach, so still, so gegenwärtig,

Präsenz,

die schon fast schmerzte.

Sie merkte, wie sie sich verspannte.

Wie ihr Körper mitspielte,

aber ihr Nervensystem rebellierte.

Zu nah.

Zu viel.

Zu ungefragt.

Sie versuchte, es mit Witz zu überspielen.

„Wenn du noch länger so guckst, fang ich an zu zucken.“

Ein schiefes Lächeln.

Sie wartete auf Reaktion.

Nichts.

Er blinzelte nicht mal.

Und genau das machte sie nervös.

Sie setzte nach.

„Sag was. Oder blinzel wenigstens. Sonst hau ich gleich ab.“

Die Stimme klang heller als gewollt.

Nichts.

Der Blick blieb.

Sie war fixiert.

Still.

Fest.

Wie eine Hand, die du nicht siehst,

aber unter der dein ganzer Stolz zu zittern beginnt.

Sie verschränkte die Arme.

Schob die Beine übereinander.

Unruhig.

Testend.

Auf Krawall gebürstet.

Und trotzdem –

er blieb.

Er hatte keine aufrechte Haltung nötig.

Kein kontrolliertes Atmen.

Kein Spiel mit Macht.

Es war etwas anderes.

Etwas Tieferes.

Diese Art von Dominanz,

die nicht machtvoll wirkte,

sondern unverrückbar.

Als würde er den Raum nicht besitzen,

sondern tragen.

Es lag nicht in dem, was er tat –

sondern in dem, was er nicht nötig hatte.

Er musste sie nicht stoppen.

Nicht zurechtweisen.

Nicht kontern.

Er war einfach da.

So sehr da,

dass ihr ganzer innerer Widerstand

wie auf eine Wand traf,

die nicht zurückschlug,

aber auch nicht wich.

Das machte ihn nicht hart.

Sondern… real.

Erdend.

Still.

Eindeutig.

Ein Mann,

der nicht mit sich selbst beschäftigt war.

Der nicht ihre Energie brauchte,

um sich zu spüren.

Und genau das war es,

was sie aus der Bahn warf.

Weil sie spürte,

dass sie ihm nichts vormachen konnte.

Dass ihre Worte ins Leere liefen,

nicht weil er sie überhörte –

sondern weil er sie nicht für bare Münze nahm.

Er sah durch sie hindurch,

aber nicht entwertend.

Sondern wie jemand,

der längst weiß,

dass dahinter mehr kommt.

Und er wartete.

Still. Fixierend.

Bis sie sich selbst begegnete.

Sie wurde stiller.

Nicht weil sie wollte.

Sondern weil die Worte keinen Halt mehr fanden.

Sie verpufften,

sobald sie sie aussprach.

Und dann –

blinzelte er.

Langsam.

So langsam,

dass sie es fast nicht als Bewegung wahrnahm.

Eher wie eine Antwort,

die durch die Luft glitt,

still und ohne Sprache.

Sie hielt den Atem an.

Merkwürdig.

Als hätte sie Angst,

es durch ein Geräusch kaputtzumachen.

Noch ein Blinzeln.

Noch langsamer.

Nicht müde.

Nicht zufällig.

Sondern so gewollt,

als würde er sagen:

Ich bin da.

Du darfst da sein.

Nichts passiert.

Und da war sie plötzlich –

diese Ruhe.

Nicht in ihr.

Nicht sofort.

Aber um sie herum.

Als hätte jemand

den Sturm gestoppt,

und sie stand mittendrin.

Still.

Wach.

Gehalten.

Ohne dass sie je berührt wurde.

Ihre Schultern sanken.

Nur ein wenig.

Aber sie spürte es.

Wie ihre Muskeln aufgaben,

was ihr Stolz so lange festgehalten hatte.

Er hatte nichts getan.

Er war einfach geblieben.

Im Blick.

In der Gegenwart.

In sich selbst.

Und das reichte,

um sie kurz zu sich zurückzubringen.

In einem Raum,

in dem sie nicht stark sein musste.

Nur da.

Und dann – ging er.

Nicht an dem Abend.

Nicht mit einem Knall.

Sondern später.

Ein paar Tage später.

Als sie dachte,

es würde weitergehen.

Dass da etwas war,

was trägt.

Aber das dritte Date sagte er ab.

Kurz.

Zögerlich.

Mit der Energie von jemandem,

der den Rückzug schon beschlossen hatte,

bevor er es zugeben konnte.

Keine Erklärung.

Kein Drama.

Nur Stille.

Und sie wusste:

Es war der Moment gewesen.

Nicht sie.

Nicht falsch.

Nicht laut.

Nur – zu tief.

Zu echt.

Zu viel Wahrheit

für jemanden,

der gelernt hat, im Flachen zu schwimmen.

Und sie blieb zurück

mit diesem Vakuum,

das nur entsteht,

wenn jemand etwas in dir aufmacht –

und es dann offen lässt.

Es war kein Herzschmerz,

nicht im klassischen Sinn.

Es war…

Verwirrung.

Trauer.

So ein schmerzhaft stilles Vermissen,

das keine Worte verlangt.

Nur Raum.

Etwas in ihr hatte sich gezeigt.

Nicht körperlich.

Nicht sexuell.

Sondern viel nackter.

Vertraut.

Trotz Angst.

Trotz Schutzreflexen.

Trotz all der Routinen,

mit denen sie sich sonst unberührbar machte.

Und genau das hatte sie sich nicht verziehen.

Dass sie ihn hatte sehen lassen,

wie still es in ihr werden konnte.

Wie weich.

Wie bereit.

Nur damit er dann ging,

bevor sie selbst wusste,

wie sie mit dieser Offenheit umgehen sollte.

Er hatte nichts gestohlen.

Aber er hatte etwas gesehen,

was sie selbst gerade erst zu fühlen begann.

Und als er ging,

blieb sie mit all dem allein.

Mit dem Wissen,

dass es möglich ist,

gesehen zu werden,

ohne sich zu erklären.

Und mit der Leere,

die entsteht,

wenn genau das

nicht wiederkommt.

Was blieb,

war nicht nur Stille.

Es war eine neue Härte.

Leise.

Aber wirksam.

Etwas in ihr war danach vorsichtiger.

Stolzer.

Schneller im Rückzug.

Bissiger in der Sprache.

Bratty, ja.

Aber nicht aus Spiel.

Sondern aus Schutz.

Nicht noch mal.

Nicht noch mal dieses Entblößen.

Nicht noch mal dieses

„Ich zeig mich – und du gehst.“

Die Mauern wurden nicht eingerissen,

sie wurden erhöht.

Feiner.

Cleverer.

Getarnt als Unnahbarkeit,

verpackt in Charme,

abgeschirmt mit scharfen Pointen.

Und sie wusste es.

Sie spürte es.

Wie sie schneller dichtmachte,

wenn jemand zu nah kam.

Wie sie den Ton wechselte,

sobald ein Blick zu lange dauerte.

Es war keine Angst vor Nähe.

Es war Respekt vor dem Schmerz,

den sie sich selbst zugefügt hatte,

als sie dachte,

diesmal könnte es sicher sein.

Und vielleicht,

vielleicht war genau das der Moment,

in dem sie zur Brat wurde.

Nicht, weil sie spielen wollte.

Nicht, weil sie provozieren musste.

Sondern weil sie gelernt hatte,

dass Tiefe nicht reicht,

um gehalten zu werden.

Dass selbst der,

der bleibt,

gehen kann –

leise,

ohne Zerstörung,

aber mit Nachhall.

Und dass es manchmal sicherer ist,

zu beißen,

bevor man sich zeigt.

Juli 8

🤍so so gut!

Juli 8

Ein Blick der - sieht, sehr tief , jenseits aller Mauern- der erkennt, kann man nicht beißen.

Juli 8

Ich kann es dir nachfühlen. Diese Leere, die bleibt. Und die Wut, diese wahnsinnige Wut, nicht nur auf ihn, sondern auf dich selbst. Dass du es zugelassen hast. Das Gefühl, welches du gefühlt hast, fast schon süchtig. Und dann der kalte Entzug.
Schlimmer als das Gefühl, die Zweifel sich geöffnet und hingegeben zu haben. LaLaMausemädchen beiß zu. Ich werde es auch tun 🖤🖤🖤🖤

Juli 8

Vor 12 Minuten , schrieb Phoenix-6006:

Ich kann es dir nachfühlen. Diese Leere, die bleibt. Und die Wut, diese wahnsinnige Wut, nicht nur auf ihn, sondern auf dich selbst. Dass du es zugelassen hast. Das Gefühl, welches du gefühlt hast, fast schon süchtig. Und dann der kalte Entzug.
Schlimmer als das Gefühl, die Zweifel sich geöffnet und hingegeben zu haben. LaLaMausemädchen beiß zu. Ich werde es auch tun 🖤🖤🖤🖤
Ausklappen

Wut ist da schon lange nicht mehr. Was bleibt, ist dieses Unverständnis für Männer, die Tiefe suchen und dann weglaufen, wenn sie sie finden. Karma regelt. Irgendwann treffen sie eine, die sie wirklich wollen – und genau die lässt sie nicht mehr rein.