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Dekonstruktion


fight-or-flight

Empfohlener Beitrag

Geschrieben

Dein Gedankenexperiment ist natürlich sehr hypothetisch, denn letztlich, was uns zum Menschen macht, ist unserer Sozialverhalten. Es ist anzunehmen, dass Hirnentwicklung, aufrechter Gang und Entwicklung von Sprache immer nur Hand in Hand mit dem Sozialverhalten ging.

 

Aber Gedankenfragmente und Denkansätze mag ich liefern:

 

Strafe:

Reines SM also Schmerz wegen des Schmerzes erleben, funktioniert wunderbar. Es braucht das Konzept der Strafe nicht. Man kann Schmerz auch geben und nehmen, ohne Regeln aufzustellen und daraus Fehlverhalten zu konstruieren. 

Der Reiz liegt in dem Körpergefühl, das Schmerz gibt, einfach wie es sich anfühlt und was das Gehirn an Hirnchemie ausschüttet um den Schmerz zu lindern.

 

Degradierung:

DS funktioniert wunderbar ohne Erniedrigung. Ich fühle mich klein und im Machtgefälle unten, wenn er Verantwortung aus meinen Händen nimmt. Dazu muss er nicht erniedrigen im fiesen Sinne.

 

Ich möchte noch einen älteren Threat verlinken, ich glaube, die Frage geht ebenfalls etwas in die Richtung.

 

Geschrieben (bearbeitet)

@fight-or-flight na du hast Gedanken...😅

vor 49 Minuten, schrieb fight-or-flight:

Wäre eine DS-Dynamik überhaupt noch interessant, wenn ein Verständnis für Dominanz und Submission fehlt

Verständnis der Gesellschaft hin oder her, für mich wäre es immer interessant! 😉 Wenn jedoch alle gleich wären und es das biologisch gar nicht gäbe, hätte ich folglich auch keine Neigung und würde nichts vermissen... 

Gesellschaftlich, da ändert sich schon permanent was. Behaarte Frauen waren früher überall im Playboy oder auf der Praline. Erst die Gesellschaft gab die Rasur vor...

Wenn alles völlig gleichwertig nebeneinander in Ordnung wäre, in der Tat, dann gäbe es gar keine Erniedrigung mehr. Dann würde Person A in der Bahn sagen: "Ich trage heute meine Windel" und Person B: "bei mir wackelt gerade der Wackelpudding um die Eier..." 

Dann gäbe es keine Erniedrigung, in der Tat. 

Es wäre einfach alles "normal"..

Rein real ist aber immer was unnormal und es entwickelt sich gesellschaftlich ein "normales Bild". Würde sich das "normale Bild" verschieben, aber gäbe es meine Neigung noch, also eben Dominanz und Submission und neue normale und unnormale Dinge, so wäre es mir vielleicht extrem peinlich keine Glatze zu haben und mir langes Haar wachsen lassen zu müssen...😂

Wäre nun alles an Vorlieben erlaubt und nichts "unnormal", gäbe es aber weiterhin Dominanz und Submission, würde der Teil der Erniedrigung in der Tat vermutlich wegfallen. Es wäre egal, ob ich mit Schweineschwänzchen vor die Tür gehen sollte oder als Schwan verkleidet... 

Gäbe es weder Dominanz noch Submission, hätte ich das ja nun auch nicht. 

Hätte ich in einer solchen Welt als einzige, in der Fantasie, diese Neigung, so würde ich vermutlich verzweifelt versuchen etwas "Ungewöhnliches" zu finden, da ich schon immer Grenzgängerin war! Dominanz könnte ich so vielleicht nicht mehr finden. Wer weiß, was es dann wäre... 

Sadomasochismus gibt mir auch so was, der Schmerz. Aber dem übergeordnet ist das natürlich in dem Reiz des Machtgefälles. 

Ich wäre wohl aber auch ohne Machtgefälle masochistisch. 

Nur wenn ich eben als einzige diese Neigung hätte, wäre ich wohl immer auf der Suche nach einer dominanten Person... Hätte ich es wie gesagt wie alle anderen nicht, hätte ich auch kein Problem! 

Köroerliche Eigenschaften: Wenn es dominant und submissiv gäbe, nur eben nicht mit männlichen/weiblichen Merkmalen. So wäre es dann egal, ob die Frau einen Bart hätte oder der Mann runde pralle Brüste. Dominant und Devot, typisch männlich oder weiblich ließe sich nicht erkennen. 

Ich würde glaube ich auf einen besonderen Charakter stehen, aber auch da nach "markanten" Merkmalen suchen. 

Irgendwas hebt sich immer ab. Ich kann es mit nicht anders vorstellen. Wäre echt alles gleich @Andrepha ja, traurig! 😅 Aber wärst du einer der "Gleichen", da würde auch nichts fehlen. 

Habe ein paar Beispiel genannt. Weiß jetzt nicht genau @fight-or-flight ob ich es eben mit oder ohne meine Neigung betrachten sollte...😅🙈

Oh Gott, ich glaube viel zu absurd gedacht zu haben, mal wieder...

bearbeitet von Bratty_Lo
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fight-or-flight
Geschrieben
Vor 11 Minuten , schrieb Teaspoon:

Dein Gedankenexperiment ist natürlich sehr hypothetisch, denn letztlich, was uns zum Menschen macht, ist unserer Sozialverhalten. Es ist anzunehmen, dass Hirnentwicklung, aufrechter Gang und Entwicklung von Sprache immer nur Hand in Hand mit dem Sozialverhalten ging.

 

Aber Gedankenfragmente und Denkansätze mag ich liefern:

 

Strafe:

Reines SM also Schmerz wegen des Schmerzes erleben, funktioniert wunderbar. Es braucht das Konzept der Strafe nicht. Man kann Schmerz auch geben und nehmen, ohne Regeln aufzustellen und daraus Fehlverhalten zu konstruieren. 

Der Reiz liegt in dem Körpergefühl, das Schmerz gibt, einfach wie es sich anfühlt und was das Gehirn an Hirnchemie ausschüttet um den Schmerz zu lindern.

 

Degradierung:

DS funktioniert wunderbar ohne Erniedrigung. Ich fühle mich klein und im Machtgefälle unten, wenn er Verantwortung aus meinen Händen nimmt. Dazu muss er nicht erniedrigen im fiesen Sinne.

 

Ich möchte noch einen älteren Threat verlinken, ich glaube, die Frage geht ebenfalls etwas in die Richtung.

 

Sehr gerne, würde mich über die Verlinkung freuen :)

Geschrieben

Die Frage... ist natürlich n Brocken.

 

Was wäre mit unseren Kinks ohne:

1) Kultur

2) Sozialisierung

3) Biologie

Ohne, dass die Abtrennung zwischen den 3en wirklich sauber wäre.

 

"Kurz"fassung:

1) Kultur: Da könnte ich jetzt wiederholen was andere schon geschrieben haben, ich glaube das ist noch der "einfachste" Fall. 

Kultur macht sicherlich viele unserer Taboos aus und erschafft dadurch vermutlich auch einige Neigungen oder verstärkt diese. Das viele erstmal weg. Aber genau so würde ja auch eine Art gemeinsame Sprache für Sexualität im allgemeinen Fehlen. Normen und allgemeine Orientierungspunkte sind keine mehr gegeben. Wäre vielleicht sogar interessant und gut, gesetzt Menschen würden dadurch anfangen bei sowas wieder mehr individuell auf ihre Gegenüber zu achten.

2) Sozialisierung: 

Ähnliches Problem wie bei 1). Woran orientieren wenn nicht an unserem Umfeld? Ohne Sozialisierung ist jeder auf sich selbst angewiesen. Kann so überhaupt "gesunde" Sexualität bestehen? Ich glaube nicht. Sozialisierung fängt denke ich bei jedem zwischenmenschlichen Kontakt neu an. Die Regeln im Umgang mit dem entsprechenden gegenüber kennenlernen, seine und eigene Grenzen setzen, etc. Fehlt das, wird alle weitere Kommunikation, Kink oder nicht, schwierig.

3) Biologie

Wird jetzt ziemlich Abstrakt. Wo willst du mit der Frage hin? Auf Vererbung? Oder was der Mensch ohne Biologie theoretisch wäre?

 

Interessante Frage jedenfalls... Hoffe ich habe sie so gelesen, wie du sie gemeint hast.

fight-or-flight
Geschrieben
Vielen Dank für eure Perspektiven zum Thema. Offen gesagt, sind meine Gedanken in meinem Kopf noch wesentlich abstrakter als ich es hier zu Papier bringen kann. Es wirkt alles noch viel "irdischer" als ich es fühle, so als könnte die Sprache, die ich ja ebenso aufgrund von Sozialisation zur Verfügung habe, nicht ausreichen würde, um die Metaphysik des BDSMs zu beschreiben 🙈 In meinem Kopf ist es jedenfalls nicht traurig, nur andersartig. Ähnlich wie du beschreibst, glaube ich, dass wir auch in einer solchen Transzendenz einen Weg finden würden, unseren Neigungen nachzugehen und ich mag mir gerne ausmalen, wie das wohl sein könnte, fern ab von all dem unsrig Bekannten und aus unserer weltlichen Perspektive vielleicht auch bizarr.
fight-or-flight
Geschrieben
Vor 12 Minuten , schrieb TotaVita:

Die Frage... ist natürlich n Brocken.

 

Was wäre mit unseren Kinks ohne:

1) Kultur

2) Sozialisierung

3) Biologie

Ohne, dass die Abtrennung zwischen den 3en wirklich sauber wäre.

 

"Kurz"fassung:

1) Kultur: Da könnte ich jetzt wiederholen was andere schon geschrieben haben, ich glaube das ist noch der "einfachste" Fall. 

Kultur macht sicherlich viele unserer Taboos aus und erschafft dadurch vermutlich auch einige Neigungen oder verstärkt diese. Das viele erstmal weg. Aber genau so würde ja auch eine Art gemeinsame Sprache für Sexualität im allgemeinen Fehlen. Normen und allgemeine Orientierungspunkte sind keine mehr gegeben. Wäre vielleicht sogar interessant und gut, gesetzt Menschen würden dadurch anfangen bei sowas wieder mehr individuell auf ihre Gegenüber zu achten.

2) Sozialisierung: 

Ähnliches Problem wie bei 1). Woran orientieren wenn nicht an unserem Umfeld? Ohne Sozialisierung ist jeder auf sich selbst angewiesen. Kann so überhaupt "gesunde" Sexualität bestehen? Ich glaube nicht. Sozialisierung fängt denke ich bei jedem zwischenmenschlichen Kontakt neu an. Die Regeln im Umgang mit dem entsprechenden gegenüber kennenlernen, seine und eigene Grenzen setzen, etc. Fehlt das, wird alle weitere Kommunikation, Kink oder nicht, schwierig.

3) Biologie

Wird jetzt ziemlich Abstrakt. Wo willst du mit der Frage hin? Auf Vererbung? Oder was der Mensch ohne Biologie theoretisch wäre?

 

Interessante Frage jedenfalls... Hoffe ich habe sie so gelesen, wie du sie gemeint hast.

Ich finde es auf jeden Fall auch interessant der Frage nachzugehen, wie sehr unsere Neigungen gesellschaftlich geprägt sind, und wie sie in einer anderen Lebensrealität aussehen könnten.

fight-or-flight
Geschrieben
Ich beschäftige mich viel mit Umdeutung (engl. Reframing) aus der Psychologie und sehe viele Parallelen im BDSM. Was auf Außenstehende eventuell gewaltvoll, beängstigend, freiheitsraubend etc. wirkt, kann für uns Zuneigung, Vertrauen, Freiheit, Nähe, Schutz usw. bedeuten. In Worten liegt eine enorme Kraft und dennoch wirkt der Wortschatz oft zu begrenzt, um vermeintliche Paradoxien zu beschreiben. ^^
Geschrieben
Sehr spannendes Experiment, danke dafür 😊
Also Normalität ist ja relativ, normal bedeutet ja nur dass was wir gewohnt sind, was dann insofern bedeuten würde dass sich etwas abnormales eben in etwas normales verwandeln kann wenn man sich diesem häufig aussetzt. Sprich wenn man jahrelang einen Job hat wo man um 8 Uhr aufstehen muss ist dass über die Zeit normal geworden und wenn man dann einen neuen Job beginnen würde wo man um 6 Uhr aufstehen muss ist das erstmal nicht dass normale verhalten, über zeit wird eben dieses dann aber zur Normalität. Dementsprechend finde ich dass es immer etwas normales und etwas abnormales ( also von der norm abweischendes) geben wird, jedoch kann dieses Gefühl der normalität verändert werden. Diesen Gedanken dann ausgeweitet würde dass für mich bedeuten dass man sich seine normalität eben von sich selbst abhängig machen kann. In sofern würde es meiner Meinung nach nicht möglich sein eine einzige normalität zu erschaffen da dies etwas wandelbares ist. Wenn dann das vorher abnormale Verhalten als normalität gesehen wird, würde sich dementsprechend auch das soziale Umfeld ändern, da es neue klassifizierungen der normalen sozialen Verhaltensweisen geben würde. Das an sich würde zwar eine Veränderung darstellen, aber nur soweit wie man eben außerhalb der normalität gelebt hat, also wenn man im abnormalen seine eigene normalität geschaffen hat würde es sich nicht großartig ändern, sondern lediglich das soziale Umfeld erweitern. Wenn man in der normalität gelebt hat, wäre es dass Gegenteil. Dann müsste man sich selbst fragen wo fühle ich mich wohl und akzeptiert und somit für sich selbst schauen ob man in der neuen normalität oder der neuen abnormalität die eigene eigene normalität lebt. Dementsprechend würde ich zu der Schlussfolgerung kommen, dass das auflösen eines Sozialen Konstruktes nur bedingt möglich ist. Deswegen denke ich, dass es weiterhin möglich wäre degradierendes Verhalten anzuwenden und sich degradiert zu fühlen, da es eben dann einzigst eine veränderte Wahrnehmung dessen wäre, was für einen degradierend ist, ohne eine komplette Abschaffung der degradition zur Folge zu tragen. Ebenso würde es meiner Meinung nach auch in anderen Bereichen ledeglich eine Verschiebung geben, denn solange man mit anderen der eigenen Gattung ist wird sich immer ein "normales" sowie ein "soziales" Konzept entwickeln. Das ist in allen Gattungen vorhanden die ein rudelverhalten an den Tag legen und auch wenn man verschiedene Gattungen zusammen bringen würde, würde sich ein Konzept des "normalen Sozialverhaltens" entwickeln. Also um zu einem schlusspunkt zu kommen : Meines Erachtens nach würde es Immer noch möglich sein, sein BDSM für sich zu leben, da sich neue Dinge finden lassen würden, welche unter die selben Konzepte fallen würden.
Geschrieben

Ich sehe nicht wirklich weshalb man dafür viele Worte braucht.

 

Im Extrem, beraubt man eine Sache jedes Kontextes, bleibt nur noch ein chaotisches Grau. Die Dekonstruktion ad nihilum führt immer letztlich in ein Grau der Beliebigkeit, in dem Alles Alles sein kann und Alles gleichzeitig Nichts ist und letztlich nur wieder dadurch existiert, dass der Einzelne es mit arbiträr von ihm vergebenen Bedeutung auflädt und neu kontextualisiert.

 

Oder schlicht: Wo kein Licht, da kein Schatten. Wo kein Kontext, da lässt sich keine Aussage über Eigenschaften treffen. So gibt es im Weltraum kein objektives "Unten" oder "oben" mangels Bezugspunkten.

 

Kultur gibt jeweils einen solchen Bezugsrahmen vor.

 

Dekonstruiert man sie und alles Andere weg, lassen sich keine Eigenschaften mehr beschreiben, sofern man nicht wieder einen neuen Bezugsrahmen einführt.

 

Und dann kann man auch behaupten, dass Jemanden gegen seinen Willen "Baum" zu nennen ein Kapitalverbrechen darstellt, wofür die Strafe zerquetschen durch Katzenhaare sein soll oder Jemanden mit einer Taschenlampe anzuleuchten bereits demütigend sei.

 

Der Fantasie wären dann keinerlei Grenzen gesetzt

fight-or-flight
Geschrieben
Vor 22 Minuten , schrieb Semuros:

Ich sehe nicht wirklich weshalb man dafür viele Worte braucht.

 

Im Extrem, beraubt man eine Sache jedes Kontextes, bleibt nur noch ein chaotisches Grau. Die Dekonstruktion ad nihilum führt immer letztlich in ein Grau der Beliebigkeit, in dem Alles Alles sein kann und Alles gleichzeitig Nichts ist und letztlich nur wieder dadurch existiert, dass der Einzelne es mit arbiträr von ihm vergebenen Bedeutung auflädt und neu kontextualisiert.

 

Oder schlicht: Wo kein Licht, da kein Schatten. Wo kein Kontext, da lässt sich keine Aussage über Eigenschaften treffen. So gibt es im Weltraum kein objektives "Unten" oder "oben" mangels Bezugspunkten.

 

Kultur gibt jeweils einen solchen Bezugsrahmen vor.

 

Dekonstruiert man sie und alles Andere weg, lassen sich keine Eigenschaften mehr beschreiben, sofern man nicht wieder einen neuen Bezugsrahmen einführt.

 

Und dann kann man auch behaupten, dass Jemanden gegen seinen Willen "Baum" zu nennen ein Kapitalverbrechen darstellt, wofür die Strafe zerquetschen durch Katzenhaare sein soll oder Jemanden mit einer Taschenlampe anzuleuchten bereits demütigend sei.

 

Der Fantasie wären dann keinerlei Grenzen gesetzt

Ich finde solche Gedankenspiele sehr unterhaltsam ^^

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