BDSM und psychische Erkrankungen - geht das?

[SM-Art-5-GG]

Ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung (mindestens 10 %, vermutlich weit mehr) ist - offenbar mit steigender Tendenz -  diagnostiziert psychisch erkrankt. Dies spiegelt sich sicherlich auch in der BDSM - Szene wieder. 

 

Ist aber eine psychische Erkrankung/Beeinträchtigung überhaupt mit BDSM vereinbar?

Kann BDSM bspw. bei Angststörungen, Traumatisierungen (PTBS) oder einer Borderline Störung nicht evtl. zu einer Verschlechterung oder Traumatisierungen führen? 

Haben Doms in solchen Fällen eine besondere Verantwortung und bräuchten spezielle Informationen?

Sollten Mediziner SUBs, soweit bekannt, von BDSM abraten (oder haben es vielleicht sogar getan)? 

Sollte man differenzieren um welche psychische Beeinträchtigung es sich handelt? 

Wäre es sinnvoll bei bestimmten Erkrankungen bestimme Praktiken zu unterlassen, so wie bei körperlichen Krankheiten? Wenn ja, welche? 

Oder ist die psychische Situation eine/einer SUB für Dom egal, weil diese ja durch ihr Safeword die alleinige Verantwortung haben? 

Oder ist es völlig egal für BDSM Praktiken, wie der psychische Zustand von Dom oder SUB ist, da diese schon aufpassen werden?

 

Gespannt auf Eure Antworten ist

 

SMart 

bearbeitet August 28 von SM-Art-5-GG

[Vi****]

Das kann man nicht allgemein sagen. Das kommt ganz auf die Erkrankung an und wie diese sich dann auch noch konkret verhält oder einschränkt. 
Und ich sag mal so: Man muss sowieso immer auf die Person eingehen, auf einander und sich selbst achten ebenso. Dafür braucht es nicht erst Diagnosen.

In manchen Zuständen sollte man bestimmte Dinge nicht tun. Aber es kommt immer auf den Einzelfall an und am Ende müssen die Beteiligten entscheiden, was sie wie verantworten möchten. Wichtig finde ich es, ehrlich zu sein was Ängste, Trigger, bekannte Krankheiten usw. geht.

[Po_versohlen]

Bis jetzt habe ich das immer gehabt das mein BDSM sich positiv auf das Gegenüber mit psychisch erkrankt ausgewirkt hat. Teilweise nur temporär wenn wir zusammen waren, aber der Moment des glücklich seins wurde mit genommen und hat so auch positive Dinge im täglichen Leben bewirkt. Auch habe ich erlebt das Menschen sich total zum positiven gewandelt haben und heute sehr glücklich sind. Das sind natürlich nur meine Erfahrungen aber von nix anderen kann ich ja sprechen und können somit auch nicht verallgemeinert werden.

bearbeitet August 28 von Po_versohlen

[Robin-1995]

Natürlich ist es möglich.
Es kommt immer auf das wie an. Kommunikation auf allen Ebenen ist der Schlüssel.

[Po_versohlen]

vor 3 Minuten, schrieb Robin-1995:

Natürlich ist es möglich.
Es kommt immer auf das wie an. Kommunikation auf allen Ebenen ist der Schlüssel.

Hmmh darüber denke ich grad nach, weil oft wird etwas nicht kommuniziert, jedenfalls bei mir,  z.B. weil man garnicht weiß in wie weit sich was auswirkt. Ich agiere eher aus einem Gefühl heraus, was bis jetzt eigentlich immer scheinbar richtig war. Aber natürlich bin ich auch schon daneben getreten aber das war nie so Essential.

[GelöschterUser]

Man merkt es im Alltag,dass immer mehr Menschen offensichtlich psychisch krank sind.(Und das ist noch sehr vorsichtig ausgedrückt!)

[Gelöschter Benutzer]

Ja das geht. Angepasst aber das geht.

[Hexamin]

Sowohl meiner eigenen Erfahrung nach als auch auf Basis von Gesprächen mit mehreren The***uten:

BDSM kann enorm the***utisch sein. Solange weder die Konsensfähigkeit eingeschränkt ist noch durch die Erkrankung eine Gefährdung von sich oder anderen besteht gibt es keine Gründe gegen aber viele Gründe für das Ausleben von BDSM Praktiken, besonders im Bereich Trauma und Angststörungen.

ABER: Selbstverständlich erfordert das ein noch höheres Level von Kommunikation, Information und Einfühlungsvermögen für den jeweiligen Partner.

[Davina87]

Bei PTBS würde ich ggf davon abraten junge oder recht unreflektierte Subs zu bespielen. Denn sie können vieles vermutlich weniger einschätzen, kennen ihre trigger evtl nicht etc. Was dann wirklich fatal enden kann.

[Gelöschter Benutzer]

Vor 14 Minuten , schrieb GelöschterUser:

Man merkt es im Alltag,dass immer mehr Menschen offensichtlich psychisch krank sind.(Und das ist noch sehr vorsichtig ausgedrückt!)

Nicht mehr Menschen. Die Akzeptanz ist gestiegen wodurch mehr sich behandeln lassen und offener damit umgehen. Auch wenn die Akzeptanz und Umgang mit solchen Menschen immer noch sehr schlecht ist. Gesellschaftlich gesehen. Früher hat man es halt Tod geschwiegen und mehr nicht.

[SM-Art-5-GG]

vor 8 Minuten, schrieb Davina87:

Bei PTBS würde ich ggf davon abraten junge oder recht unreflektierte Subs zu bespielen. Denn sie können vieles vermutlich weniger einschätzen, kennen ihre trigger evtl nicht etc. Was dann wirklich fatal enden kann.

Auch ich halte BDSM bei einer  ausgeprägten PTBS sowie Borderline Störung (das überschneidet sich ja teilweise) für nicht ungefährlich; insbesondere in der Spielart "TPE". 

bearbeitet August 28 von SM-Art-5-GG

[Al****]

Und was wenn Dom diese Erkrankung hat?

[SM-Art-5-GG]

Wenn er deshalb überzieht, dann natürlich ebenso. 

Aber da kann ne fitte SUB begrenzen. Bei ner PTBS-sub und einem "ehrgeizigen" Dom, begrenzt evtl. Niemand mehr. 

 

Kannte ein Paar, wo ne "harte Session" sogar als Alternative zu the***utischen Hilfen oder Notaufnahmekontakten am Wochenende ("zu lange Wartezeiten") gesehen wurde. 

bearbeitet August 28 von SM-Art-5-GG

[Al****]

Wenn ne Panikattake kickt zieht man nur noch Luft... 🤷🏻‍♀️ Borderline ist gegen sich selbst gerichtet, trauma ptbes hat trigger die sollte man kennen, ich liste jetzt nicht alles auf...
Bdsm kann sogar teil der Therapie sein, vertrauen, Kontrolle, Kontrollabgabe usw
Wichtig ist reden wie bei allem.. Vor und hinterher vielleicht auch dazwischen...

[Se****]

vor 43 Minuten, schrieb GelöschterUser:

Man merkt es im Alltag,dass immer mehr Menschen offensichtlich psychisch krank sind.(Und das ist noch sehr vorsichtig ausgedrückt!)

Ja, weil auch immer mehr Menschen Zugang zur Diagnostik bekommen. "Online" wird sich gerne darüber beschwert, wie viele Menschen doch mittlerweile ADHS oder Autismus haben, dabei ist es mittlerweile einfach so, dass Diagnose besser gestellt wird und sich nicht mehr an Klischees von X Jahren festhält. Bsp. Autismus bei Frauen oder späte Diagnose war sehr lange angeblich nicht möglich, dass haben nämlich nur Jungs - von möglichen "Fehldiagnosen" möchte ich gar nicht erst anfangen.

Zu den Grundfragen:
Ja und Nein, psychische Erkrankungen sind ein sehr weites Feld und nicht selten sind einzelne psychische Erkrankungen ein Spektrum! 

Ich lehne mich sogar noch mehr aus dem Fenster und würde sogar fast sagen, es ist mittlerweile relativ unwahrscheinlich ein vollkommen gesundes Gegenüber über die ganze Lebensspanne dieses Gegenübers hinweg zu haben. 
Zusätzlich können Menschen erst durch BDSM überhaupt psychische Erkrankungen bekommen aufgrund diverser Menschen, die unter BDSM verstehen, dass sie xyz machen dürfen ohne Konsens, Grenzen und Tabus oder gar ihr Gegenüber zu beachten. 

Daher ein sehr deutliches: Es kommt darauf an und was mit dem eigenen Risikoprofil vereinbar ist. 
Ich bringe selbst einiges mit (Neurodivergenz + Nebenerkrankungen) und weiß, dass ich mit einigen anderen psychologischen Krankheitsbildern nicht so gut harmoniere - dass ist dann eine Grenze, wie bei meinen körperlichen Sachen, die ich auch selbst respektiere. Dennoch sage ich nicht, dass Menschen darauf gänzlich verzichten sollten, tue ich auch nicht. Mehr noch BDSM verschafft mir hier hin und wieder Atempausen, damit ich weiterhin Energie habe, mich dem ganzen zu stellen. BDSM ist für mich keine Therapie, allerdings hab ich da auch schon Rücksprache gehalten und das Go dafür bekommen, mehr noch, dass es mir gut tut. Im BDSM Kontext kann ich auch ganz genau meinen Rahmen setzen, was mir in der Gesellschaft nicht möglich ist, viele meiner Leiden werden erst durch die Gesellschaft erst aktiv - weswegen ich nicht normal und somit krank bin. Dabei würden die Menschen von Anpassungen an Menschen wie mich, auch als neurotypische Menschen davon profitieren. 

Allerdings sollte Mensch aus meiner Sicht, da dann ggf. bewusster reingehen. Egal ob Topseite oder Bottomseite - beide haben hier Verantwortung! Wenn meine psychische Erkrankung das BDSM beeinflussen kann, sollte ich das auch mitteilen, dass geht auch ohne, das ich direkt meine Diagnose der Person vor die Nase knalle. Es reicht schon aus, entsprechend Grenzen zu setzen, Tabus zu definieren usw. 

Je nachdem kann es allerdings auch sinnvoll sein, der Person mitzuteilen, was es ist und wie ggf. in Notfällen umgegangen werden soll, bsp. Panikattacken, ausgelöste Trigger usw. Kommunikation ist da essenziell. Jemand, der mir solche Sachen verschweigt und ich am Ende vielleicht gefesselt am Boden liege, während mein Gegenüber plötzlich eine Panikattacke hat.... nicht so geil. Wäre das vorher kommuniziert worden, hätte hier ein besserer Umgang gefunden werden können - bsp. kein Fesseln, keine Session an bestimmten Tagen, wo vielleicht eine Panikattacke schneller da ist etc. 
Milde walten lassen tue ich, wenn das den Menschen nicht bekannt ist - da frage ich dann eher, ob da vielleicht Grenzen bestehen oder ob da etwas hilft, ob das schon mal aufgefallen ist etc. Allerdings stelle ich keine Diagnosen, ich bin kein Facharzt. Ich würde vermutlich allerdings dann auch zu den Terminen begleiten und unterstützen, das Thema ist immer noch recht groß ein Tabu und somit der Schritt zur Diagnostik (oder zum Arzt, Thera.peuten etc.) schwierig aufgrund von Ängsten oder dergleichen. 

bearbeitet August 28 von Seilfuchs

[Yocoinoi]

Ohne dass ich die Wichtigkeit eines solchen Themas in Abrede stellen will, finde ich es dennoch immer wieder faszinierend dass Menschen denken bei BDSM gäbe es einen abweichenden Umgang mit Verantwortung und Sorgfaltspflichten!

Im Falle einer (psychischen) Erkrankungen spielt es aus meiner Sicht nämlich keine Rolle ob jemand Dom, Sub, Top, Bottom oder Vanilla ist. Im Grunde spielt es nicht einmal eine Rolle ob jemand eine (psychische) Erkrankungen hat! Wer mit einem Menschen interagiert hat die Pflicht dies verantwortungsvoll zu tun. Und aus meiner Sicht gibt es da keine Skala, dass ich bei Menschen die "gesund" sind 48% Verantwortung tragen muss und bei erkrankten Menschen 97,385%. Es sind immer 100%, egal welche Rolle ich inne habe.

Und ja, es macht mehr als nur Sinn auf die Spezifika einzelner Menschen einzugehen. Niemand, ich hoffe selbst der dämlichste Dom nicht, käme doch auf die Idee seinem Gegenüber Erdnussbutter zu reichen wenn er von seiner Erdnussallergie weis! 

Hier gilt es dann zum extremen Mitteln zu greifen, miteinander reden! Auch wer unter klaustrophobischen Angstzuständen leidet kann es doch wollen dass man ihn in die Besenkammer sperrt. Bei 100% Verantwortungsgefühl wird man darüber sprechen, Notfalloptionen parat haben und kann dann loslegen! Jeder gute Rigger hat eine Notfallschere in Griffreichweite liegen, damit man der Verantwortung gerecht wird schnell handeln zu können. Mit der richtigen Kommunikation, dem Bewusstsein für seine Verantwortung und über die Spezifika seines Gegenüber steht dann einer Session mit (psychischen) Erkrankungen doch nichts mehr im Weg. 

Und im Übrigen, ein Safeword befreit in keinem Fall von irgendwelcher Verantwortung!

[se****]

ADHS und Borderline schreien förmlich nach BDSM

[Al****]

Also ich höre nix... 

vor 7 Minuten, schrieb sensibler_DOM:

ADHS und Borderline schreien förmlich nach BDSM

Komisch 

[Ta****]

Vor 1 Stunde, schrieb GelöschterUser:

Man merkt es im Alltag,dass immer mehr Menschen offensichtlich psychisch krank sind.(Und das ist noch sehr vorsichtig ausgedrückt!)

Waren sie immer schon. Viele Diagnosen gab es früher nicht, oder nur schwerwiegendste Formen wurden diagnostiziert.
Die meisten sind unterdiagnostiziert. Und zum Thema Neurodiversität: Der Opa mit dem ganzen Keller voller Modelleisenbahnen, der den Fahrplan der benachbarten Großstadt auswendig konnte, war immer schon autistisch. Die Hippietante, die auf Bali Yoga gemacht hat, dann Banklehre und nebenbei in 8 neuen Hobbies pro Jahr aufging, bevor sie nach Frankreich durchbrannte mit dem Zirkus, war immer schon ADHS. Jeder vierte hat Depressionen.
Kaum einer hat keinen an der Klatsche. Nur Leidensdruck führt zu einer Diagnose.

[Ja****]

vor 12 Minuten, schrieb sensibler_DOM:

ADHS und Borderline schreien förmlich nach BDSM

Wie meinst du das?

[Ta****]

Vor 4 Minuten , schrieb Jazzy_Jess:

Wie meinst du das?

Beide brauchen Aufregung, um vor Langeweile nicht durchzudrehen.

[se****]

İch kann es nicht wirklich erklären. nur fallen mir diese zwei Störungen am meisten auf. vielleicht sogar generell, ich weiß es nicht

[Ja****]

@TaliX Ich glaube, das verstehe ich. 

@sensibler_DOM Achso, eine Beobachtung von dir.

[daisy-gaga]

Interessante Fragestellung. Ein klares ja oder nein wird es da wohl nicht geben. 

Ich bin selber betroffen und therapieerfahren. Nach meinem Wissensstand kommt KBT (konzentrative Bewegungstherapie) dem miteinander Agieren im BDSM wohl am nächsten. Bei mir hatte diese Therapieform immer sehr viel bewegt. Manchmal war ich danach ziemlich durch. Unter fachgerechter Begleitung sicher kein Problem, aber ohne diese kann es das Gegenüber letztlich auch überfordern. 

Ich denke wenn man im Vorfeld über solche Dinge kommunizieren kann, sollte es möglich sein. Fehlt die Fähigkeit sich dem Thema zu öffnen ist entweder BDSM kein guter Weg, oder das Gegenüber ist ungeeignet.   

Meine Laienhafte Einschätzung dazu. 

[SM-Art-5-GG]

@sensibler Dom
https://youtu.be/k3uHPuyw6KM?si=mfdKDa7bzmqKu5DM