In Zehenlutschen mit Charme von Lala Idrisse erforscht die Autorin im französischen Original „Un suceur d’orteils charmante“ die Sexualität ihres Ehemanns Emmanuel durch zärtliche Aufforderungen seine sexuellen Phantasien und vergangene jugendliche Schwärmereien in Erzählungen, die sie niederschreibt, zu bringen.

Lalas Ehemann Emmanuel entkam dem konservativen afrikanischen Milieu einer Banlieue und arbeitete als Kellner in Teilzeit. Beide lernten sich auf einer Plattform für alternative Lebensentwürfe kennen. Lala als die Beziehung lenkende starke Frau, Emmanuel als fürsorglicher Hausmann mit Nebenverdienst.

Ihre Aufschriebe, zunächst Nebenprodukte eines liebevoll erniedrigenden Spiels zwischen strenger „Madame Thérapeute“ und schüchternem „Monsieur Idrisse“, entwickelten sich zu einem in frankophonen Fetisch- und Erotikforen gefeierten, hunderttausendfach geteilten und weiter verlinkten Thread. Lala fasste die lose Sammlung an erotischen Kurzgeschichten, die sich ausnahmslos um Emmanuels Fußfetisch und seine zärtliche Unterwürfigkeit drehen als Buch zusammen und landete einen Überraschungserfolg der französischen pornografischen Avantgardeliteratur: Direkt, schwärmerisch, verspielt, wunderbar tiefschürfend und voller Zuneigung für selbstbewusste Frauen. 

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Leseprobe: Rollentausch - Realität trifft Verlangen

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[...] „Ja“ unterband sie mich lächelnd, mein Gesicht in ihren Händen. Sie musste ein wenig zu mir aufblicken.
„Am Montag bin ich einer Eingebung gefolgt; der fixen Idee dessen, wovon du in deiner Präsentation sprachst“, erklärte sie mir, „...und habe mich selbst dabei ertappt, es zu genießen.“ Sie ließ mein Gesicht los, wandte sich um und ging mit ihren nackten Füßen tapsende Schritte machend zur Couch, wandte sich um und setzte sich auf die weiche, lederne Lehne, den Blick zur Decke. Es war ihr ernst gerade, das spürte ich.

„Ich muss es dir nicht erzählen“, sagte sie ein wenig brüsk, doch ohne beleidigend zu sein, „aber du hast mir etwas entdeckt, das ich nicht mit Worten beschreiben kann. Es ist fair, dir zu sagen: Danke dafür.“
Ich nickte nur, gespannt auf das Kommende.

„Du bist hier, weil ich mir dieses Gefühl erneut gönnen will“, räumte sie meine letzten Zweifel am Schwindel mit der Nachhilfe aus dem Weg, „und das wusstest du.“
„Ich war mir zumindest sehr sicher“, sagte ich, da hob sie einen Zeigefinger und machte mich Schweigen. Ganz Lehrerin.

„Ich will keinen Callboy oder Lover oder bestellten Masseur oder sonst etwas“, sagte sie mit einiger Entschiedenheit und blickte mich an, „du gibst. Ich empfange und gebe zurück, was, wann und wie ich will.“ Sie setzte die Füße auf den Boden und erhob sich, „und das brauchst du auch genau so, nicht wahr?“

Ich nickte wieder, wollte nicht sprechen, nachdem sie mich schon einmal still ermahnt hatte.
„Macht mich das zu einer Domina?“
Ich blickte sie kurz fragend an, sie rollte daraufhin prustend die Augen, „sprich ruhig, herrje...“
„Nur, wenn Sie mich als Sklaven bezeichnen würden, Frau B.“

„Nein, du bist kein Sklave“, sie grinste und kam erneut näher, tapsende Schritte machend. Wieder hob sie ihre Hände, legte sie auf meine Wangen und sagte, „weil ein Sklave müsste schließlich gezwungen werden, nicht wahr? Du bist ganz freiwillig hier.“ Sie schob mein Gesicht ein wenig zur Seite, neigte sich vor und flüsterte in mein Ohr: „Was ich von dir bekomme und was du mir geben darfst – beides bleibt geheim, bleibt unter dem Deckmantel, den ich mir ausgedacht habe.“

Ich bewegte mich nicht, doch brachte ein bestätigendes „M-hm“, zustande.

„Die Nachhilfe wirst du erteilen müssen“, erklärte sie dann, ohne zu flüstern, „sonst ist das Lügengebäude doch allzu einsturzgefährdet. Die Studenten und Referendare haben ihre Materialien bis vor ein paar Jahren auch persönlich abgeholt, bevor wir zur E- Mail wechselten. Du hast einfach keinen ordentlichen Drucker zuhause“, erklärte sie mir meine Ausrede hier zu sein, „und holst die Arbeitsblätter deswegen noch ab, so wie es früher alle machen mussten. Du bist ganz gut in Englisch, doch ich muss dir noch ein paar Kapitel erklären, weshalb ich dich häufig hereinbitten werden muss, was ich mit einem entnervten Blick tun werde. Vielleicht bekommst du – abhängig davon, welche Nachbarn spitze Ohren machen – auch ein kleines ‚du Schussel bekommst es nicht hin? Ach komm rein, ich erkläre es dir zum zehnten Mal, wenn’s denn sein muss’ zu hören.“

„Verstanden“, sagte ich knapp.

 

 

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