Beobachter (Kurzgeschichte III)

Januar 8

Beobachter - Mikro-Kurzgeschichte in 300 Wörtern (oder weniger)

Für J.

Das typische Geräusch hoher Absätze auf Asphalt weckt meine Aufmerksamkeit. Durch das offene Fenster beobachte ich, wie eine junge Frau die einsame Straße zwischen Wohnhaus und Park entlangkommt. Sie schaut sich um, scheint etwas Bestimmtes zu suchen. Ich hole mein Fernglas und beobachte sie genauer; neben ihren High Heels trägt sie einen etwa knielangen Mantel, eine kleine Handtasche und offene Haare.

Jetzt scheint sie gefunden zu haben, was sie suchte: eine strategisch günstige Nische abseits der Straßenbeleuchtung und etwas versteckt – denkt sie jedenfalls augenscheinlich. Unsicher öffnet sie ihren Mantel leicht und ich erhasche einen Blick auf helle Haut, große Brüste in einem schwarzen Spitzen-BH und einen dazu passenden schwarzen Tanga, darüber hinaus trägt sie nichts. Hastig bückt sie sich, greift unter den Mantel und schiebt sich das knappe Höschen bis auf die Knie herunter.

Aus ihrer Handtasche kramt sie nun einen silbrigen Gegenstand, dessen Ende im schwachen Licht der Straßenlaterne glitzert. Dann beugt sie sich leicht nach vorne, stützt sich an einem Mauervorsprung ab und führt sich den Analplug etwas umständlich ein. Dabei schaut sie immer wieder die Straße herunter, die Situation scheint ihr sichtlich unangenehm zu sein. Ob sie ahnt, dass ein Beobachter von ganz anderer Stelle zusieht?

Schließlich geht sie in die Knie, streift sich den Tanga ganz ab und stopft ihn in ihre Handtasche. Was für eine kleine Schlampe! Sie schaut sich noch einmal nach ungebetenen Zuschauern um (falsche Richtung, Süße!), schließt ihren Mantel und stöckelt, nun ein wenig ungelenk durch den Gegenstand in ihrem Hintern, in ihren High Heels wieder zurück in die Richtung, aus der sie zuvor kam.

Als sie um die Ecke verschwindet, lege ich das Fernglas zurück und schicke eine SMS ab: „Braves Mädchen, du hast die Aufgabe zu meiner Zufriedenheit erfüllt. Bis gleich, dein Beobachter“