Toxisch dürften Dating Apps für Männer wie Frauen gleichermaßen sein. Dass Durchschnittsmänner mangels Interesse versauern und Frauen zugespamt werden, sind mE aber nur Symptome eines gefährlichen Grundprinzips.
Der Glücksspiel-Vergleich, der hier schon aufkam, trifft es sehr gut. Beides ist ein Weiterlesen… Zeitvertreib, der in wenig wahrscheinlichen Fällen zu einem Treffer führen kann. Steigert man sich allerdings in die Idee hinein, dass dabei etwas herumkommen muss, wird es gefährlich. Und da spielt das Design der Apps eine große Rolle. Swipe nach links, links, links, links... jetzt muss doch mal was zum rechts wischen kommen...! Die Suggestion, dass schon das nächste Profil der ersehnte Treffer sein könnte, klettet sich ans Unterbewusstsein und man lässt unbewusst den Finger übers Display rasen bis selbst Tinder irgendwann sinngemäß sagt "In deiner Gegend können wir dir niemand mehr anbieten, erweitere doch dein Suchprofil" (analog etwa zu "Dein Konto ist leer, aber du kannst ja dein Limit erhöhen" bei den Zocker-Apps). Irgendwann wischt man nach rechts, weil irgendjemand inmitten der Fließbandabfertigung halbwegs passend wirkt - und man auch irgendwie mal WILL, dass es passt. Und irgendwann bekommt man eine Nachricht, sieht das Profil nochmal richtig und denkt sich "Ach der/Ach die... warum hab ich da eigentlich gematcht...?"
So geht mit dem einfachen Spielprinzip der Dating-Apps (und da benutze ich das Wort "Spiel" inzwischen bewusst) eine schleichende Entwertung der Personen hinter dem Profil einher. Einfach wegwischen, was nicht passt - wer wünscht sich das nicht für sein komplettes Leben, Chef, Kollegen, Nachbarn etc.? Tinder & Co versprechen es ausgerechnet für den Menschen, der dir im Endeffekt am Nächsten sein soll.