Wenn offene Beziehungen oder Lebensformen der Polyamorie auf BDSM treffen, kommt oft eine Komponente des D/s mit ins Spiel. In unserer Kink Community sind wir es gewohnt, alles zu akzeptieren – alle sexuellen Orientierungen und alle Kinks – solange alle nur einvernehmlich geschieht. Was in der Theorie einfach klingt, gestaltet sich in der Praxis jedoch oftmals schwierig.

 

Die Lust auf Kink mit einem Poly-Lifestyle oder einer offenen Beziehung unter einen Hut zu bringen und im Gleichgewicht zu halten ist fast ein Vollzeitjob, in den man sich zudem fast allein einarbeiten muss. Alle BDSM-Ratgeber sind ausschließlich für Paare geschrieben und normalerweise nicht für Menschen in Poly-Konstellationen mit mehreren Partnern. Wir haben Fetisch.de-Autorin Victoria Blisse gebeten, uns zu erklären, wie das Kunststück gelingt, BDSM und offene Beziehung zu vereinen.

 

Was ist D/s?

Das Kürzel D/s steht für Dominanz und Submission. Die Schreibweise mit einem großen D und einem kleinen S hat sich durchgesetzt, um das Gefälle schon im Schriftbild zu kennzeichnen. Von D/s spricht man bei allen Beziehungen mit einem Machtgefälle. D/s ist nur eines der Elemente des BDSM, das aus Bondage & Disziplin, Dominanz & Submission, sowie Sadismus & Masochismus besteht, von denen in den meisten Beziehungen allerdings mehrere vorhanden sind.

 

Kommunikation ist der Schlüssel

Der Schlüssel zu einer funktionierenden Beziehung, gleich welcher Natur, ist immer die Kommunikation. Das gilt ganz besonders für Poly- und offene Beziehungen, in denen die Bedürfnisse vieler Partner unter einen Hut gebracht werden müssen. Es ist wichtig, dass alle Personen das Gefühl haben, gleichberechtigt mitreden zu können, egal ob Sub, Dom oder Switch

Zuerst muss festgelegt werden, auf welcher Art die Kommunikation zwischen allen Partnern der Gruppe stattfindet. Manche ziehen regelmäßige persönliche Treffen vor, andere richten lieber einen Gruppenchat auf einem Messengerwie WhatsApp ein. Empfehlenswert ist eine Kombination beider Methoden:Monatliche Treffen in Person sowie ein Gruppenchat,  der allen Partnern jederzeit offen steht. 

Oftmals ist eine einzelne Person das Zentrum der Kommunikation und gibt alle Informationen weiter. Das kann eine Herausforderung sein, denn diese Person muss sehr darauf achten, ehrlich und fair zu bleiben und das eigene Ego auch einmal zurückstellen zu können.

 

Regeln für die Poly-Gruppe und individuelle Tabus

Natürlich hat jede/r Sub individuelle Tabus, die kommuniziert und stets von allen respektiert werden müssen. Doch auch für die gesamte Poly-Gemeinschaft müssen gemeinsame Grenzen festgelegt werden. Wie geht ein/e Sub, die mehreren Doms untergeordnet ist, mit den Spuren einer vergangenen Spankingsession um? Wie sind spezielle Kinks geregelt, etwa Orgasmusverweigerung oder Keuschheit? Gibt es andere allgemeine Regeln, die aufgestellt und beachtet werden müssen? Welche Spiele und Kinks wirken sich auch auf andere Partner in der Poly-Beziehung aus und müssen Regeln auch von diesen anderen berücksichtigt werden? 

Offene Kommunikation ist die einzige Möglichkeit, diese Grenzen zu besprechen und ehrlich festzulegen, auch wenn das im Einzelfall mühsam sein kann. Setzt einer der Partner hier seinen Willen durch, geschieht das praktisch immer zum Nachteil aller anderen oder wird zumindest so empfunden. Nur wenn jede/r Einzelne bereit ist, Kompromisse einzugehen, können Konflikte vermieden werden. 

 

Organisation einer Poly-Gruppe

Auch für absolute Organisationstalente kann es eine Herausforderung sein, den Überblick über eine Poly-Gruppe zu behalten. Immer zu wissen, was wann, mit wem passiert und dabei die verschiedenen Ansprüche und Bedürfnisse zu berücksichtigen, ist mitunter ein anspruchsvolles Kunststück.

In der Praxis hat sich das Führen eines Kalenders bewährt, auf den jede/r zugreifen kann. In einer überschaubaren Poly-WG kann man ihn vielleicht noch am Kühlschrank führen, ansonsten ist es ratsam, einen Online-Terminkalender anzulegen, in den alle geplanten Dates und Sessions eingetragen werden. Je nach den Vorlieben ist hier auch etwas Weitsicht gefragt, damit nicht ein/e Sub für mehrere harte Sessions an einem einzigen Wochenende eingeplant wird. 

 

Problemlösung in einer Poly-Gruppe

Fehler passieren, Probleme tauchen auf, Termine überschneiden sich. Es ist essenziell, beherzt und einvernehmlich an Lösungen zu arbeiten, bevor kleinere Problemchen zu unüberwindbaren Hindernissen heranwachsen. Wichtig ist, dass alle Vorschläge von allen Parteien gleichermaßen angehört werden und es eine gewisse Kompromissbereitschaft von allen Beteiligten gibt Ein Partner kann nicht für alle entscheiden, denn alle Partner in einer Poly oder offenen Beziehung haben ein Mitspracherecht. So wird vermieden, dass sich Partner übergangen fühlen, denn eine Sache ist die D/s-Dynamik an sich und die andere die Organisation der Gruppe.

Beispiele:

  • Ein Switcher, der sich eher unterwürfig fühlt, verbringt mehr Zeit mit seinem dominanten Partner, wodurch sich die/der andere Sub ausgeschlossen fühlt. In diesem Fall sollten der Switcher und seine Sub gemeinsame Sessions ohne D/s planen, damit sie sich trotzdem sehen können. 
  • Ein Dom möchte seiner/m Sub ein Halsband anlegen, aber er selbst ist der Sub eines anderen Doms, der sich daran stört. Ein Halsband kann für jeden eine andere Bedeutung haben. Hier muss in einem Gespräch geklärt werden, ob ein Kompromiss gefunden werden kann. Zum Beispiel, dass ein Halsband nur im Beisein des jeweiligen Doms getragen wird. 
  • Ein Dom möchte eine Sub in einem Dungeon vorführen. Ein anderer Dom der Poly Gemeinschaft möchte dies jedoch nicht, obwohl ihr Einvernehmen vorliegt. Hier gibt es keine wirkliche Kompromissmöglichkeit, sondern die Situation muss erörtert werden.Erstes Ziel ist es, herauszufinden, wie wichtig es der Sub ist, die Vorführungsfantasie auszuleben. Auch gilt es zu überlegen, ob und wie sich ein solches Erlebnis auf die Gruppe auswirken kann. 

Es sind viele andere Szenarien denkbar, die von einem Mitglied der Poly-Gruppe als problematisch empfunden werden können. Das Wichtigste ist, nie den Spaß zu verlieren. Schließlich bieten auch Konflikte die Chance, die offene Beziehung zu erforschen und sie zu stärken Beziehungen, und vor allem die, bei denen Kink dabei ist, benötigen stets Arbeit und jede Menge Kommunikation. Das kann anfangs etwas müßig sein, zahlt sich langfristig jedoch mit tieferem Vertrauen und besserem Verständnis aus.

 

Halte es immer einvernehmlich, habe Spaß und teile deine Erfahrungen mit uns im Forum von Fetisch.de. Hier kannst du mit etwas Glück auch einen Poly-Partner oder eine Poly-Gruppe finden, mit der du dich über deinen Fetisch austauschen oder ihn sogar ausleben kannst!

 

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Victoria Blisse ist Autorin erotischer Geschichten und Botschafterin für #Kinkpositivity und #Sexpositivity. Auf Smut.UK organisiert sie kinky Events für Menschen mit literarischer Neigung.

Übersetzt von Tomas Bordemé. Autor und Blogger, der für Fetisch.de über BDSM und Erotik schreibt. 

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3 Kommentare

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Hu****

Geschrieben

Naja, neu ist das jetzt gerade nicht. Aber nett, dass es mal so übersichtlich zusammengefasst auch hier seinen Platz findet 👍

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Geschrieben

Wow ... wusste gar nich das so eine seite existiert .. danke das du das mit uns teilst

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Geschrieben (bearbeitet)

Tja, wie das in einer D/S-Konstellation ist kann ich gar nicht sagen. Auch nicht, wie es ist Teil einer Polyamoren Gruppe zu sein.

Für mich ist aber Polyamorie kein Lifstyle. Ich habe ... sagen wir mal "das Problem" das ich Polyamor bin. Das heißt, ich verliebe mich ziemlich schnell in andere Menschen, was dann auch in einer langfristigen Liebe enden kann. Das ist nicht immer angenehm, kann sogar eine Last werden. Denn nicht jeder teilt dies und hat auch noch Verständnis dafür.

Derzeit kann ich sagen, dass ich drei Personen Liebe (Familie mal außen vor) und in noch zwei weitere verliebt bin. Nun ist es so, dass ich zum Teil nicht mal mit diesen Personen unbedingt in näheren Kontakt stehe. Darüber wissen diese Personen auch nicht, dass ich solche Gefühle für andere hege. Was das Ganze nun auch nicht gerade einfach macht.

Wie es bei Leuten ist, die dies als Kink oder Lifstyle sehen, kann ich nicht beurteilen. Für mich ist Polyamorie eher ein Fluch als ein Segen.

bearbeitet von d3275e774539ee402727d74bc31237a0

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